Moderne & historische Kommunikation

Das Album der Schüler zu Kloster Rossleben von 1742 bis 1854, S. 164-169.

Es war nicht das erste Mal, dass ich einen solchen Anruf bekam, und doch war es wieder eine Überraschung, allerdings eine richtig schöne. “Sie forschen doch in … nach dem Namen …”, sagte die Stimme eines offensichtlich älteren Herrn, und noch bevor er fortfahren konnte, sich auf meinen kürzlichen Artikel in der Zeitschrift für Mitteldeutsche Familiengeschichte (ZMFG) zu beziehen, war klar, dass jetzt ein Gespräch mit einem Forscherkollegen der AMF begann, und zwar einem, der viel beizutragen hatte.
Das Ergebnis meiner Strategie, über Website, Blog, und die sogenannten sozialen Netzwerke wie Facebook, Google+ und Twitter Kontakte herzustellen, also wichtige Forscherinnen und Forscher zu treffen und so gemeinsam unsere Themen voranzubringen, war zuletzt vor einem Monat wieder einmal aufgegangen, als eine norwegische Kollegin mich mit einer Anknüpfung an einen sage und schreibe 10 (in Worten zehn) Jahre alten Artikel auf meiner Website dazu animierte, ein Buchprojekt zur Familie Teuthorn-Nagel zu beginnen. Denn so erhellend waren ihre Hinweise.
In diesem Fall hatte also ein Ergebnis moderner Kommunikations-  und Publikationstechnik den Anstoß für ein Vorhaben gegeben, das – hoffentlich bald – in einem herkömmlichen Buch seinen Abschluss finden wird. Ich habe ja nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich neben den modernen Medien das Publizieren per Buch und Aufsatz weiterhin als besonders reizvoll empfinde. Das Besondere an dem gerade zitierten Telefonat aber war es, dass es diesmal ein einfacher Text in unserer Vereinszeitschrift war, der zum Beginn eines möglicherweise wichtigen Wissensaustausches führte. Das Faszinierende an meinem neuen Kontakt ist aber, dass der Kollege nicht nur Wichtiges mitzuteilen hatte. Es stellte sich nämlich schnell heraus, dass er noch ganz herkömmlich per Briefmarke und Telefon kommuniziert, das heißt nicht einmal einen Email-Anschluss hat. Ohne diesen Aufsatz wären wir also nicht zusammen gekommen.
Weshalb berichte ich davon? Kolleginnen und Kollegen, die ihre Forschung mit Karteikarten und über Ahnenlistenumläufe begannen und sich bisher aus vielfältigen Gründen zeitgemäßen Kommunikationswegen verweigern, haben Großartiges geleistet. Ihre Erfahrung im Erschließen von Quellen, im peniblen Dokumentieren ihres Forschens und im Aufstellen weit zurück reichender Ahnenlisten können hinsichtlich ihrer Qualität Vorbild für die eigene Forschung sein. Gibt es inzwischen eine durch die Evolution der Kommunikation bedingte schwer zu überwindende Kluft, nicht nur zu dem bei diesen Forschern angesammelten Wissen, sondern auch zu ihren vorbildlichen Forschungstechniken? Und wenn es so sein sollte, wie können wir diese gewisse Sprachlosigkeit zwischen den Generationen überwinden?
Mir gelang es in einem Einzelfall durch eine ganz normale herkömmliche Veröffentlichung in unserer Vereinszeitschrift. Es bleibt aber die Frage, wie wir diesen wichtigen Wissenstransfer auf breiterer Basis voranbringen können.
(Siehe hierzu auch meinen Beitrag vom 27. Oktober 2013)