Vorab
Hauptziel der Auswanderung aus Europa im 19. Jahrhundert waren die Vereinigten Staaten von Amerika. Für Südeuropäer, also vor allem Spanier und Italiener, lag es nahe Südamerika als Ziel zu wählen. Ein dichtes Netz von Schiffsrouten verband die Auswandererhäfen Europas mit denen der Neuen Welt. Das Transportmittel Schiff wechselte vom Segler der frühen Jahre in der Mitte des Jahrhunderts zum Dampfschiff (SS = Steamschip) mit der Unterform des Raddampfers in der Küstenschiffahrt der USA und später zum Motorschiff (MS).
Wie kommt man ans Ziel?
Um zu den Auswandererhäfen zu gelangen, nutzte man in Deutschland in der ersten Hälfte des Jahrhunderts die Flüsse Rhein, Weser und Elbe und wo das nicht möglich war die Postkutsche. So gelangte August Röbling, der spätere Erbauer der Brooklyn-Bridge 1831 vom 11 Mai bis 13. Mai in drei Tagen von Mühlhausen nach Bremen bevor er 77 Tage später in Philadelphia landete. Wer nach der Ankunft in einem der Häfen an der Ostküste Amerikas sein Reiseziel im Inland oder gar an der Westküste des Kontinents hatte, war auf weitere Transportmittel angewiesen. Eine Kombination von Fluss, Kanälen und Seen ermöglichte es in Nordamerika den Hudson hinauf über Albany nach den Großen Seen und z.B. Chicago zu gelangen. Planwagentrecks durchquerten den Kontinent, und wer auf die Westseite Südamerikas wollte, musste entweder das gefürchtete Kap Horn umrunden oder seinen Weg über die versumpfte, malariaverseuchte Landenge von Panama wählen. Ab den 50er Jahren revolutionierte das schnell wachsende Eisenbahnnetz das Reisen zu Lande in Europa und Amerika.
Auswanderer unserer Familie
Während die meisten Auswanderer der Familie Teuthorn von Hamburg, Bremerhaven oder über englische Häfen nach NY und Boston reisten, gibt es zwei davon abweichende Fälle. Sie führen uns einmal in die Goldrauschregion Kaliforniens (1855 und 1859) und dann nach Chile. Beide sind noch nicht endgültig erforscht. Während die Auswanderung aus dem thüringischen Frankenhausen nach Kalifornien an sich eindeutig ist, aber die Reiseroute noch nicht genau nachgewiesen werden konnte, liegt die Ankunft in Chile auch genealogisch gesehen noch im Halbdunkel.
Eine Tatsache ist es aber, dass der Stammvater aller heutigen Teuthorns in Chile, Otto Teuthorn, am 3. Februar 1872 zu den Gründern des Deutschen Klubs im chilenischen Concepción gehörte.
Die Wege nach Chile
Da die US-amerikanischen Teuthorns erst später einwanderten und umfänglich erforscht sind, scheidet eine Weiterwanderung von dort nach Südamerika aus. Natürlich habe ich eine Vermutung, die ich aber an dieser Stelle hier jetzt vorsichtigerweise nicht ausbreiten möchte. Ich verrate sie aber wahrscheinlich später in einem anderen Zusammenhang. Immerhin reicht diese Vermutung aus, um auf weitere mögliche Reisewege neugierig zu sein. Dabei gehe ich von der Möglichkeit aus, dass bereits Otto Teuthorns Vater nach Südamerika kam. Wenn das so gewesen sein sollte, geht es um die Jahre 1848 bis 1850. Und damit sind wir noch in der Zeit der Segelschiffahrt. Aus dieser Zeit habe ich zwei interessante Reiseberichte gefunden, auf die ich ein wenig eingehen möchte. Sie zeigen exemplarisch, welchen Gefahren und Unwägbarkeiten frühere Schiffsreisende ausgesetzt waren. Neben selbstverständlichen Stürmen und Unwettern, die vom vorgesehenen Kurs abbrachten, drohten Gefahren vor allem von langer Reisedauer, einseitigem Proviant und mangelndem Trinkwasser.
Zwei Berichte folgen in späteren Posts.