Bad Kösen – Merseburg (65 km)
Schön langsam geht es aus Bad Kösen heraus. Der Radweg führt links der Saale bald an Weinhängen des Landesweinguts Schulpforta vorbei.
An einem Steg geht es über die Saale und zu dem rechtssaalisch liegenden ehemaligen Kloster, das über Jahrhunderte die berühmte Fürsten-, dann Landesschule Pforta beherbergte, die seit der Reformation im Dreiklang mit den gleichartigen Schulen Grimma und Meißen den Studentennachwuchs insbesondere für die Universitäten Wittenberg und Leipzig mit dem Ziel vorbereiteten, künftige Theologen, Lehrer und Verwaltungsbeamte heranzubilden.
Als Radler kann man nur ein eiliger Gast sein. Trotzdem empfand ich diesen Ort als eines der Highlights meiner Tour. Die Details vertieft man zu Hause. Das ist immer dasselbe. Vor Ort versuche ich die Atmosphäre des Platzes aufzunehmen, Räume und Inventar im Zusammenspiel mit Landschaft auf mich wirken zu lassen. Das vergisst man nicht mehr und hat es beim Bücherstudium vor Augen. Es ist Sonntag und in der altehrwürdigen Kirche stimmt eine Besuchergruppe ein, zwei Chorlieder an. Man hat das öfter, aber wie kann man einen Kirchenraum besser emotional erfahren als bei diesem „Heilig, heilig, heilig, heilig ist der Herr..“, dem Santus aus Schuberts Deutscher Messe. Das ergreift, und es braucht nichts weiter, um die religiösen Wurzeln dieses Ortes wundersam zu spüren.
Zurück auf dem Saaleradweg ist es ein angenehmes Fahren auf bestem Belag immer direkt rechts der Saale, die nun in weitem Bogen um Naumburg herumführt. Den Dom mit seinen berühmten Stifterfiguren, allen voran der idealisierten und damit vielleicht etwas überbewerteten Uta, hatten wir anlässlich des Unstrutradelns im Frühjahr gesehen. Kurzes Verweilen am Unstrutzufluss und weiter geht es Richtung Weißenfels.
Eigentlich hatte ich auf dem weiteren Weg die rekonstruierte jungsteinzeitliche Ringanlage bei Gosek, das älteste entdeckte Sonnenobservatorium der Welt, besuchen wollen. Aber ich lasse es diesmal aus.
Weißenfels, die Schuhmetropole der ehemaligen DDR wirkt ärmlich, obwohl ich bei einer kurzen Mittagsrast auf dem Markplatz einen schönen Blick auf Rathaus und Kirche habe. Die Stadt gehört zu diesen Plätzen, die mich traurig machen.
Das Radeln war heute angenehm, aber die letzten Kilometer an Leuna vorbei machten keinen Spaß. Sauber aber trist und eintönig. Merseburg erscheint mir zunächst ausgestorben wüst. Aber ich komme immerhin gegen 16 Uhr direkt auf dem Domplatz an. Im Domladen bekomme ich einen guten Tip für die „Pension der besonderen Art, die Adresse für Wohnen mit moderner Kunst in historischem Gemäuer“. (http://www.pension-der-besonderen-art.de/). In den Möbeln des Metallbildhauers Klaus-Dieter Urban ließ es sich gut wohnen/schlafen.
In meinem kreativ gestalteten Zimmer schwebte der einem Himmelbett nachempfundene Baldachin in Form einer leuchtenden Sprungfedermatratze über mir. Weitere Metallmöbel, ebenso im schön gestalteten Frühstücksraum. Ein besonderes Erlebnis und guter Schlaf.
Am nächsten Morgen vor der Weiterfahrt kurzer Besuch des Doms. An Thietmar von Merseburg, dem Chronisten der Ottonen zur Zeit Heinrichs II. , kommt kein Student der Geschichte vorbei. Bei meiner Klausur zu Mittelalter-Latein hatte ich mich mit einem seiner Texte auseinanderzusetzen. Thietmar, der hier Bischoff war, ist der Initiator des Doms.
Karte zur 6. Etappe: http://www.saale-radwanderweg.de/index2.htm