Als ich vor Jahren den FEHMARNER GOTTHARD TEUTHORN (1650-1727) entdeckte, der in Petersdorf 50 Jahre lang die Orgel bespielt hat, war das noch eine richtige Überraschung. Mit dem gerade entdeckten JOHANN SEBASTIAN TEUTHORN bekommt er nun Gesellschaft von einem fast gleichaltrigen Musiker aus der Familie der Frankenhäuser Teuthorns. Denn auch dieser ist ein Frankenhausener und wird wohl zwischen 1645 und 1650 in der Salzstadt am Kyffhäuser geboren sein.
Die Quelle hierzu ist Friedrich Schmidts Geschichte der Stadt Sangerhausen aus dem Jahre 1906. Aus ihr geht hervor, dass „Joh. Sebast. Teuthorn aus Frankenhausen, 13. Juni 1687 als Figuralorganist angenommen [wurde]. [Er] War vorher 18 Jahre ‚dieser Profession obgelegen‘ und Organist zu Heidelberg, dann bei dem Grafen v. Hardenburg, dann zu Wippra und Rammelburg. [Er] starb 1696 zu Sangerhausen.“
Sangerhausen beschäftigte für die beiden Stadtpfarrkirchen St. Ullrich und St. Jacobi nebeneinander einen Choral- und Figuralorganisten, hatte aber offensichtlich nur ein begrenztes Budget für diese. Ein Organist dieser Zeit konnte wohl im allgemeinen nicht von den geringen Bezügen für dieses Amt leben. Deshalb wurde es häufig mit einer Schulstelle, z.B. der des Mädchenlehreres zusammen vergeben . Außerdem musste ein Organist zur Aufbesserung seines Einkommens häufig noch privaten Musikunterricht (Information) geben oder darauf hoffen sonstwie privat für Honorar engagiert zu werden. Hierzu ein Zitat:
Es „wurde schon seit den Tagen der Reformation an […] versucht, Organisten- und Schuldienst zu verkoppeln. Mancherorts musste der Kantor die Orgel mit versehen, anderswo übergab man dem Organisten die Jungfernschule, deren Dienst besonders Schlaue an ihre Frauen weiterschoben.“ Ob das auch für Teuthorn zutraf, ist nicht sicher.
Sein Vorvorgänger hatte wohl auch das Wirtshaus als zusätzlich Einnahmequelle entdeckt. Zumindest legt die farbige Beschreibung bei Schmidt (Schmidt, Friedrich: Geschichte der Stadt Sangerhausen, Sangerhausen 1906, S. 725) das nahe. Dort heißt es über Valentin Laue aus Aschersleben: „Am 4. Aug. 1685 kündigte ihm der Rat den Dienst. Als Ursachen der Kündigung gab man an: Er verstünde den Generalbass nicht, warte in Bierhäusern mit der Fiedel auf und saufe sich voll; bei einer Hochzeit habe er mit der Posaune aufgewartet und sei über die Gasse gelaufen, er sei dem Trunke ergeben und sitze bis 1 Uhr in den Bierhäusern, auch vertrage er sich mit seinem Weibe nicht.“
Wenn über Johann Sebastian Teuthorns Leben in Sangerhausen außer den genannten Daten irgendetwas bekannt wäre, so hätte ich es an dieser Stelle gebracht. So bleibt nur sein Tod im Jahre 1696 festzustellen und eine Notiz zu seiner Wohnung anzuführen.
Im Bürger- und Besitzverzeichnis von 1713 findet sich nämlich ein Hinweis auf die Wohnadresse unseres Organisten. Dieser hatte offensichtlich ‚Haus und Hof daselbst, 1 Garten‘ am Alten Markt bewohnt. Denn unter der Erfassungsnummer 334 für einen Christoph Holzhausen steht der Vermerk ‚ant. Seb. Teuthorn‘.
Nach Teuthorns Tod wurde die Stelle des Figuralorganisten kurioser Weise durch den STADTRICHTER GOTTFRIED CHRISTOPH GRÄFFENHAYN wahrgenommen, und zwar bis zu dessen Tod 1702. Wer sich nun bewarb, war kein geringerer als der junge JOHANN SEBASTIAN BACH, damals 18 Jahre alt und aus Lüneburg kommend. – Aus einem späteren Brief ergibt sich, dass er sich im Juli um die vakante Organistenstelle in Sangerhausen bewarb und beim dortigen Rat bevorzugter Kandidat war, dass sich aber Herzog Johann Georg von Sachsen-Weißenfels mit einem anderen Kandidaten über dessen Votum hinwegsetzte.
25 Jahre später bekleidet – zwar nur für kurze Zeit – doch noch ein Bach diese Organistenstelle. Es ist JOHANN GOTTFRIED BERNHARD BACH (* 11. Mai 1715 in Weimar; † 27. Mai 1739 in Jena), der im allgemeinen unbekannte dritte Sohn des großen Johann Sebastian und der Maria Barbara Bach. Er kam 1737 und flüchtete bereits 1738 unter Hinterlassung hoher Schulden. Sein Zimmerwirt erkundigte sich in Leipzig bei seinem Vater Johann Sebastian Bach nach seinem Verbleib. Dieser konnte jedoch nur mit Bedauern feststellen, dass er seinen „leider mißrathenen Sohn“ seit dessen Abreise nach Sangerhausen nicht mehr gesehen habe.
Johann Sebastian Teuthorn stammte zwar aus Frankenhausen, konnte aber bisher noch keinem Zweig der Familie zugeordnet werden. Auch über Ehe und mögliche Kinder ist derzeit nichts bekannt. Damit stellt sich wieder einmal eine Rechercheaufgabe.
Ein ausführlicherer Aufsatz mit bibliographischen Angaben wird im TeuNet folgen.