In den letzten Tagen habe ich die acht Bände Leichenpredigten von Fritz Roth durchgesehen. Nein, natürlich nicht alle, sondern eine Auswahl mit Bezug zu Frankenhausen.
Der Genealoge stürzt sich natürlich zuerst auf die Daten der Lebensläufe und die erkennbaren verwandtschaftlichen Beziehungen. Meist konzentriert sich sein Eifer auf Einzelpersonen der eigenen Ahnen- und Nachfahrenlinie. Das ist normal. Kulturhistorisch gibt aber auch der Blick auf Krankheit, Sterben und Tod einer größeren Personengruppe wichtige Einsichten.
Nur wenige Krankheiten konnte man damals benennen, etwa – in den durchgesehenen Fällen – Blattern, Ruhr, Schwindsucht. Der 12-jährige Jacob Tentzel stirbt am 14. Februar 1673 in Greussen. Vier Jahre vorher hatte er die „rote Ruhr“ und war seitdem kränklich. Am 11. Februar wird seine an „Kinderblattern“ gestorbene Schwester beerdigt. Er bekommt „Rückenweh und Hitze“ und es zeigen sich beginnende Blattern. Er stirbt 6 Tage nach seiner Schwester. Arzt und Barbierer hatten sich um ihn bemüht.
Wie bekannt, führte bei den Frauen der permanente Gebärzwang in Verbindung mit Geburtskomplikationen und Kindbettfieber am häufigsten zum Tode. Ursula Bayer starb 34-jährig „in währenden Kindsnöten“. Juliana Geittner (26 Jahre) „ging im Schlafe aus wie ein Licht“, nachdem sie, immer noch schwach von ihrer ersten Geburt, drei Monate später „Hitziges Fieber“ bekommen hatte.
Der Frankenhäuser Bürgermeister Andreas Happe (1597-1649), selbst Apotheker, „litt seit langem am Stein, doch hat ihm dies Leiden niemals so zugesetzt wie jetzt, sodaß er vor 10 Tagen ganz lagerhaftig wurde. An Medikamenten war kein Mangel, doch wirkte alles nichts.“
Der Rentnereidirektor von Rudolstadt, Hans Herman von Biesenroth, starb Ende 1665 nach einem linksseitigen Schlaganfall. „Der Graf sandte seinen Leibmedicus und die zu Besuch weilende Herzogin […] öffnete ihre Reiseapotheke für die allerköstlichsten Medikamente„. Die blieben aber ohne Wirkung. Hingegen bewirkten die wechselseitigen Gebete des Superintendenten und des Diakons, daß er sich „durch deren Gebete erholte […] Buße- und Glaubensfragen mit starkem Ja beantworteten“ konnte, bevor ihn die Kräfte gänzlich verließen.
Moritz Ritter, Pfannherr und praktizierende Jurist in Frankenhausen, war 46-jährig „frisch und gesund verreist, fühlte sich aber am nächsten Tage unwohl und eilte nach Hause. Als er hier die warme Stube betrat, befiel ihn ein Erstickungskatarrh auf der Brust, die Medikamente halfen nichts, er starb in den Armen seines Arztes unter Zurufen des Herrn Archidiakonus“ .
Als der sehr einflussreiche Zollverwalter und Stadtvogt Frankenhausens, Elias Fischer, 1611 50-jährig stirbt heißt es; „Sein beschwerliches Krankenlager währte 21 Wochen. Er war sehr geduldig und hat nicht gemurrt.“
Weil der Tod überraschend und schnell eintreten konnte, musste man immer auf ihn gefasst sein. Ein recht extremes Beispiel erfahren wir über Elisabeth Gräfin Schlick, die 1590 38-jährig starb. „Ihren zinnernen Sarg hatte sie seit 16 Jahren bereitstehen, seit 8 Jahren befand er sich unter ihrem Bett.“
Die zitierten Beispiele beziehen sich auf Familien der Oberschicht. Aufgrund des geringen Entwicklungsstandes der Medizin aber hatten die Wohlhabenderen bei Krankheiten kaum größere Chancen als die unteren Bevölkerungsschichten. Da nützten auch teure „allerköstlichste“ Medikamente wenig.
Literatur und Links zum Thema:
Fritz Roth: Restlose Auswertungen von Leichenpredigten und Personalschriften für Genealogische und kulturhistorische Zwecke , Boppard a. Rh. 1959-1974, 8 Bände. [Beschreibung der Systematik sowie einige Beispiele.]
Eine gute Zusammenfassung und weiterführende Links bei Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Leichenpredigt
Gesamtkatalog der Personalschriften- und Leichenpredigtensammlungen in Leipzig
http://de.wikipedia.org/wiki/Gesamtkatalog_der_Personalschriften-_und_Leichenpredigtensammlungen
Forschungsstelle für Personalschriften Marburg
http://web.uni-marburg.de/fpmr/
http://web.uni-marburg.de/fpmr//html/db/gesainfo.html