Ein Vater kehrt nach 6 Jahren Kriegsgefangenschaft heim

Den Beitrag unter dem Trennstrich verfasste ich am 14. April 2012. Durch unsere seinerzeit nötige Flucht aus der DDR war der spärliche Briefwechsel zwischen meiner Mutter und Jan Havenaar verloren gegangen. In der Annahme seine Freilassung so zu beschleunigen, hatte Vater sich als Holländer ausgegeben. So fehlte die einzige Möglichkeit, die sechsjährige Odyssee durch die russischen Lager zu rekonstruieren.

Am 11. Mai 2020 stellte ich eine Suchanfrage an das Deutsche Rote Kreuz. Meine Erwartungen waren gering. Jetzt, 2 1/4 Jahre später, wurde ich mit einer Chronologie der Lageraufenthalte überrascht. Die russischen Texte bedürfen noch intensiverer Befassung. Es folgt eine Visualisierung des erhaltenen Materials. Wichtig wäre mir ein Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen deren Väter ein ähnliches Schickal erlitten. Denn ohne vielleicht vorhandene Erlebnisberichte aus den Lagern fehlt uns ja jegliche Vorstellung von Behandlung, Härte und Entbehrungen der dort verbrachten Lebenszeit.

Hiermit mache ich den so ergänzten Beitrag unter heutigem Datum erneut öffentlich. (23.7.2022)


Manche Fotorückseite birgt eine nicht erwartete  Information. Ein Beispiel dafür ist die Rückseite eines uns vertrauten Kinderfotos (drei Geschwister) von Anfang 1950:

Die Lagernummer verweist auf das Kriegsgefangenenlager Kiew.

Erst jetzt habe ich auf einem Exemplar entdeckt, dass ein Abzug dieses Fotos am 31.Mai 1950 an das Kriegsgefangenenlager in Kiew ging. Unser Vater muss das zerschlissene Bild immer bei sich getragen haben, denn es ist an den Rändern abgenutzt und eingerissen. Ein Jahr später wurde er nach Hamburg entlassen. Erst 1 1/2 Jahre darauf konnte der Spätheimkehrer seine Kinder am Flughafen Fuhlsbüttel in den Arm nehmen. Er hatte sie zuletzt vor siebeneinhalb Jahren gesehen. Da die DDR eine Ausreise zur Familienzusammenführung verweigert hatte, mussten Frau und Kinder zu DDR-Flüchtigen werden.
Wichtig ist für mich jetzt die auf der Karte vermerkte Lagernummer. Sie ermöglichte den letzten Aufenthalt in Russland zu identifizieren. Die Abteilung 13 des Lagers 7062 befand sich in Kiew.
3 Kinder

14. April 2012


Weitere Erinnerungen unter Ego