Die Crux mit der Deutung von Familiennamen

Gerade hat mir ein wohlmeinender Kollege Literaturstellen geschickt, mit denen der Familienname TEUTHORN zu deuten wäre. Er wollte mir Gutes tun, mir helfen. Aber einem Teuthorn ist bei der Namensdeutung nicht zu helfen.
Alle Deutungen in der einschlägigen Erklärungsliteratur, bis hin zu Namensgutachten aus dem vorigen Jahrhundert oder aktuell von einem onomastischen Lehrstuhl, helfen nicht weiter. Entweder die Erklärungen passen überhaupt nicht oder sie sind so mehrdeutig dass letztlich alles möglich ist. Da komme ich mir vor wie bei den schulischen Lateinübersetzungen. Quisquis? „Ein gewisser Ungewisser“ half der Lateinlehrer dem Schüler Teuthorn und schmunzelte. Das Problem mit der Gewissheit bleibt auch jetzt.
Wie gut haben es da die Petersohns und Friedrichs (Patronyme), nicht nur die süddeutschen Allgeiers, sondern auch die thüringischen Bendelebens (Herkunftsnamen), die Liljes (Wohnstätten- / Häusername), die Müllers oder Fleischhauers (Berufsnamen) oder auch die Dürrs und Dicks (Übernamen). Und damit ist auch schon die ganze Theorie abgehandelt, wie sie z.B. bei

  • Konrad Kunze: dtv-Atlas Namenkunde, Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet, München 1998, 4. überarbeitete Auflage 2003, oder bei
  • Hans Bahlow: Deutsches Namenslexikon, Familien- und Vornamen nach Ursprung und Sinn erklärt, Hamburg 1988

den Namenserklärungen vorangestellt ist.
Was mir der freundliche Kollege schickte, hatte Julius Leithaeuser, Oberlehrer am Gymnasium in Barmen, 1901 für Bergische Ortsnamen verfasst. Und abgekürzt wird dort <teut, töt, tot> als etwas Spitzes, Vorstehendes, in Ortsnamen als Kegel, Kuppel oder hornartig aufragender Berg gedeutet. Auch <horn> wird als etwas Winkliges, Spitzes, in eine Flur Hineinragendes, letztlich als eine Erhebung gedeutet. – Bahlow nennt dann explizit und erstmals als zusammengeschriebenen Namen „TEUTHORN, Teuteberg sind westf. ÖN (Örtlichkeitsnamen), auch Töteberg, Teute […] Tötemeier Teuthenrich u.ä.“ <töt, teut> meint bei ihm auch Moder und Moor – An anderer Stelle wird <teut> auch als mit Gott verbunden oder in der Bedeutung von Volk, Heer oder auch teutsch verstanden. Breiter kann die Palette nicht sein. All diese etymologischen Erklärungen mögen isoliert ja nicht anzuzweifeln sein. Das Problem scheint mir allerdings, dass sie ohne ausreichende Begründung in einem gewissen Kurzschluss für die Namensdeutung herangezogen werden. Des weiteren scheinen die meisten Experten, auch die Oberlehrer, in diesem Sinne nicht anders als der gemeine Familienforscher, Laien zu sein.
Wenn ich nun für Teuthorn einmal die Kategorien Patronym, Berufs- und Übername von vornherein ausschließe, bleibt neben der Herkunfts- nur noch die Häusernamen-Kategorie. Und die scheint mir derzeit noch die einleuchtendste zu sein.
Der Gebrauch von Nachnamen solle sich von Südwesten spätestens im Laufe des 14. Jahrhundert mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung nach Norden und Osten ausgebreitet haben. Zu dieser frühen Zeit muss man die Herkunft der Namen noch gekannt oder erinnert haben, spätestens aber zu der Zeit, als Bürger mit ihrer guten universitären Ausbildung nun die Chance bekamen, für den Adel Dienste in der Verwaltung zu übernehmen, die der schwertführende Stand für sich selbst zu dieser Zeit noch als unangemessen ablehnte. Weil diese Amtsträger nun dem für sie vorbildfhaften Adel nacheiferten, brauchten bürgerliche Juristen, Amtmänner, Steuereinnehmer usw. jetzt zu ihrer Legitimität auch Wappen.
In Frankenhausen sind Teuthorns schon vor dem Bauernkrieg 1525 nachgewiesen, und sie sind bereits zu dieser Zeit in Ämtern. Frühzeitig müssen sie also Wappen und Siegel geführt haben, wenngleich die überlieferten erst aus dem 18. Jahrhundert stammen. Wenn man den zitierten Erklärungen folgte, müssten hierauf in irgendeiner Weise Berg oder Hügel zu finden sein. Was wir aber von Anfang an finden sind Eichenlaub (teutsch) und das (Deut-, Tut-) Horn in Form eines Hifthorns.
Es bleibt also nur die Erklärung, dass sie früh eine Funktion innehatten, in der man das Horn deuten/tuten musste, wofür es aber bisher keinerlei Hinweis gibt, oder aber dass ihr Name von einem mit dem Horn gekennzeichneten Haus abgeleitet ist. Jedenfalls müssen die damaligen Teuthorns ihre Herkunft so erinnert haben. Diese Erklärung habe ich bereits früher herausgestellt (http://www.teu-net.de/genealogie/geschichte/namensvarianten.html) und sie ist für mich weiterhin die schlüssigste.