Compy & Commerzy

Die Computergenealogie 4/2014 (S.29) berichtet vom Vereinsabend anlässlich des Genealogentages Kassel und erwähnt die im Rahmen des Unterhaltungsprogramms vorgetragene Satire über „Compy und Commerzy“.  Ein gewisser PT  „setzt sich kritisch mit dem Selbstverständnis unseres Vereins auseinander, der sich als oberstes Ziel OpenAccess auf die Fahnen geschrieben hat.

Das bisher sorgsam vor der Öffentlichkeit versteckte Manuskript konnte ausfindig gemacht und somit eine möglicherweise vorhandene Neugier befriedigt werden.

Das Märchen vom großen Compy

Es war einmal,

lange vor unserer Zeit im letzten Jahrhundert….

…. die einen spielten noch im Sandkasten, die anderen schon Indianerspiele. Die einen waren die Bösen, und ihren Häuptling nannten sie Commerzy. Anführer der Guten war Compy. Das war natürlich nur sein Spitzname. Denn mit richtigem Namen hieß er Opi Exzess. Wenn sie nicht stritten, scharten sich im Familienforscherwald die Bösen um ihre glitzernden Spielekonsolen, während die Guten ihre damals aufkommenden Heimcomputer ausprobierten. Das war ja, wie gesagt, noch vor der Jahrhundertwende.

Bald waren sie so weit, dass sie den Älteren, die noch mit Karteikarten gespielt hatten, zeigen konnten, wie man Stammbäume mit dem Computer erklettern kann. Das alles hatten sie drauf und noch viel mehr. Als sie weiter heranwuchsen gründeten die Guten einen Verein. Wie es so üblich ist, bastelten sie an einer Satzung, in die sie allerlei hineinschrieben, allerdings nichts über ihren Glauben, den von Opi Exzess. Über Religion muss man ja nicht sprechen, man hat sie oder nicht. So dachten sie wohl.

Als nun das neue Jahrhundert anbrach, dehnte sich das Böse in der Welt aus. Es lockte mit glänzenden Bildern und perfekt gestylten Verlockungen. Zur gleichen Zeit wurden lesen und schreiben können für viele immer weniger wichtig. Man hatte jetzt ja die Bilder.
Häuptling Commerzy fand neue Verbündete. Zusammen verteilten sie ihre leckeren Sugar-Candies. Zuerst umsonst, dann für Geld. Compy-Opi-Exzess und seine Mitstreiter blieben fest in ihrem reinen Glauben und schufen tolle Dinge. Sie backten mit ihren Anhängern gesunde immer größere Brote, die sie ihrem Glauben gemäß kostenlos in der Welt verteilten. Dafür erhielten sie Anerkennung und Preise.

Die Kinder wurden zum gemeinsamen Backen angehalten. Vielen machte das Spaß. Mit dem DES-Rührgerät war es jetzt auch nicht mehr ganz so anstrengend. Sie freuten sich über das anschließende Lob. Aber manche wollten zum eigenen Essen mehr als das nahrhafte, aber trockene Brot. Sie lockten all die leckeren Sachen, die es zu Hause nicht gab, wie die Candys von Commerzy. Die waren lecker aber nicht umsonst, und so gaben sie dafür ihr Taschengeld aus. Wenn sie Compy fragten, wann ihre Familie etwas Ähnliches machen würde, vertröstete der sie auf bald. In der Zwischenzeit sollten sie überhaupt erst einmal richtig im GenWiki schreiben lernen. Eigentlich war das ja auch gar nicht so schwierig. Aber Mutti-Lehrerin hatte nicht immer Zeit, weil sie auch noch in der DigiBibliothek arbeiten musste. Auch Vati hatte nicht viel Zeit, denn er musste die immer riesigeren Datenbanken weiterbauen, sauber halten und dann und wann reparieren.

Commerzy beobachtete das alles mit stiller Freude. Und er war gerissen.
Während Compy sich zeitraubend darum kümmerte, dass deutschsprachige Programme endlich richtig gut miteinander reden konnten, ließ er deren Macher in seiner Compy-Liste nicht dafür werben. Das verbot ihm sein strenger Glaube.

Commerzy war die GEDCOM völlig schnuppe. Er hatte da ja erst gar nicht mitgemacht und sowieso überhaupt keine Skrupel. Weshalb auch? Er durfte ja schon lange, was die anderen nicht durften, Monat für Monat ausführlich für Schulungen zu seinem tollen FTM in Compys Liste werben. Manche glaubten nun schon, es gäbe nichts anderes, vor allem nichts Besseres.
Während Compy schon vom nächsten Crowd Sourcing träumte, verbesserte Commerzy mit seinen Kumpeln ständig seine Rezepte und Strategie. Die Candies wurden immer süßer, manche erhielten neue Namen. Sie hießen nun z.B. ‚Smarter Matsch‘. Und weil nun auch die Kumpel Geld verdienen wollten, wurde bald alles ziemlich teuer.

Als das Taschengeld knapp wurde, fragten die Compies nach familieneigenen Rezepten, einige sogar fast aufmüpfig nach einer Strategie. – Da sprach Mutti ein Machtwort und verkündete, die Strategie sei doch klar, man müsse nur lesen können. Papi habe doch schon längst alles erklärt. Das hieße doch ‚4All‘, und wer zu dumm zum Lesen sei oder es einfach nicht verstehen könne, der solle doch mal den Timo fragen. Der würde es dann erklären.

Da wurden alle ganz kleinlaut, mache schämten sich ob ihres Unverstandes, und alles war wieder ruhig wie zuvor. Und die verschüchterten Compies trugen ihr Taschengeld weiter brav zu den Commerzies.

Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben die Guten noch heute. Die Bösen sowieso.

(aus der Märchensammlung des Bruders PT)