Was eine Sterbeurkunde verrät

Lesesaal Stadtarchiv Kiel

Wenn mir die Grunddaten einer Person ausreichend schlüssig erscheinen, brauche ich nicht unbedingt Einsicht in die jeweiligen Urkunden. So dachte ich bisher hinsichtlich des Sterbedatums meines Kieler Ururgroßvaters, Wilhelm Günther Teuthorn. Häufig sind solche Urkunden ja auch nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand oder gar nicht zu erlangen.

Hinweis auf Urkunde per CompGen-Metadaten (DES)

Als ich vor Kurzem seitens CompGen eine Alert-Nachricht aus den mittels DES erfassten Kieler Sterbelisten erhielt, regte mich dieser Fund zu einem kleinen Beitrag im CompGen-Blog an. Ich beschrieb darin den Weg vom Hinweis auf den Fund bis zum (in diesem Fall) analogen Dokument. Gleichzeitig bat ich das Stadtarchiv Kiel per eMail und unter Angabe der nun leicht ermittelten Signatur um einen Scan der Urkunde. Heute lag nun eine Kopie im Briefkasten. Die enhaltenen Informationen überraschten mit einem bisher nicht bekannten Ereignis und einer netten Arabeske.

Die Anzeigende kann dem Standesbeamten nur ungenaue Angaben zu den Frankenhäuser Eltern des Verstorbenen machen. Natürlich sind diese aber bekannt. Wilhelm Günther war ja einer jener Auswanderer, die Frankenhausen für ihr Fortkommen verließen. Und damit galt auch für ihn das Motto dieses Blogs Von Frankenhausen in die Welt.

Die Überraschung

Die Überraschung (Markierung 2): “verheiratet in zweiter Ehe mit Anna Dorothea Teuthorn, geborene FLÜGGE zu Kiel.” Als seine Frau, unsere 2xUrgroßmutter, Ende 1863 starb, war Wihelm Günther 56 Jahre alt und noch berufstätig. Für die Familiengeschichte bedeutet das, die Großmutter hat ihre Enkel nie gesehen. Nun muss ich der Frage nachgehen, wer war Anna Dorothea Flügge? War sie vielleicht eine Kusine seiner Frau? Briefe und eMails sind schon unterwegs.

Markierung 1: Starb Wilhelm Günther nicht im Beisein seines Sohnes? Warum wird der Tod durch diese “Arbeitsfrau” angezeigt?

Und nun die Arabeske (Markierung 3). “von der Anzeigenden wegen Schreibensunkunde mit ihrem Handzeichen versehen, , XXX,”
Wie oft hat man darüber Witze gehört, es aber nicht selbst erfahren.

Das Transkript

Nr. 1217
Kiel, den30sten December 1881

Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschien heute,
der Persönlichkeit nach bekannt,
die Arbeitsfrau Elise Dobberti geborene Frohbös
wohnhaft Karlstraße [Dank an Eva Maria] Nr. 48
und zeigte an, dass der Barbier Wilhelm Günther
Teuthorn
Fünfundsiebenzig Jahre alt, evangelischer Religion,
wohnhaft zu Kiel Faulstraße 48,
geboren zu Frankenhausen in Thüringen, verheirathet
in zweiter Ehe mit Anna Dorothea Teuthorn
geborene Flügge zu Kiel
,
Sohn des verstorbenen Wilhelm Günther Teut-
horn / Stand unbekannt / und dessen ebenfalls verstor-
bener, nicht näher bekannten Ehefrau, beide zuletzt wohnhaft zu
Frankenhausen,

Zu Kiel am 30sten December ‚
des Jahres tausend acht hundert und ein
nachmittags um vier Uhr
verstorben sei. Die Anzeigende erklärte, dass sie
bei dem Tode des obgenannten Barbiers Teut-
horn zugegen gewesen sei.

Vorgelesen, genehmigt und von der Anzeigenden wegen
Schreibensunkunde mit ihrem Handzeichen versehen,
, XXX, Der Standesbeamte